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Unkrautbekämpfung: Was können moderne Hackgeräte?

In den vergangenen Jahren hat sich in der Hacktechnik durch Innovationen wie Sensoren oder Künstliche Intelligenz viel getan. Was moderne Hacken leisten, zeigen Versuche der Uni Hohenheim.

Lesezeit: 9 Minuten

Unser Autor:
Prof. Dr. Roland Gerhards, Universität Hohenheim

Wirksame und kostengünstige Herbizidalternativen werden im Ackerbau dringend gebraucht: Denn auf politischer Ebene will die EU-Kommission bis 2030 den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel halbieren und gleichzeitig den ökologischen Anbau ausweiten.

Auch herbizidresistente Unkräuter und Anwendungsverbote für Wirkstoffe erfordern Anbausysteme, die weniger abhängig vom chemischen Pflanzenschutz sind.

Eine wichtige Rolle spielen dabei vorbeugende Maßnahmen, wie z. B.:

  • weite Fruchtfolgen,

  • häufiger Wechsel zwischen Winterungen und Sommerungen,

  • der Zwischenfruchtanbau mit winterharten und abfrierenden Arten,

  • die Scheinsaat (falsches Saatbett),

  • gelegentlicher Einsatz des Pfluges und

  • Hygienemaßnahmen, wie z. B. das Reinigen von Anbaugeräten und Erntemaschinen.

Doch um Unkräuter dauerhaft kontrollieren zu können, geht es nicht ohne direkte Unkrautbekämpfung.

Hacken mit unterschiedlicher Automatisierung

Gerade bei der mechanischen ­Unkrautbekämpfung gab es in den letzten zehn Jahren gro­ße technische Fortschritte. Mittlerweile sind Hackroboter in drei verschiedenen Automatisierungsgraden in der Praxis angekommen.

Die Stufe 1 beinhaltet Hacken mit kameragestützter Reihenerkennung und einem hydraulischen Verschieberahmen. Letzterer ermöglicht eine auto­matische Querverschiebung der Hackschare, um sie immer exakt mittig zwischen den Kulturpflanzenreihen führen zu können.

Schon diese Technik bringt im Vergleich zu herkömmlichen Hacken große Vorteile mit sich, wie z. B.

  • durchschnittlich 15 % mehr erfasste Unkräuter als herkömmliche Hacken,

  • weniger Kulturpflanzenschäden,

  • doppelte Flächenleistung,

  • Entlastung des Fahrers, sowie

  • Einsatzmöglichkeit, auch in Kulturpflanzen mit engem Reihenabstand (z. B. Getreide mit 12,5 oder 15 cm).

Wie Übersicht 1 zeigt, steigt die Unkrautbekämpfungsrate bei dieser Art Hacke im Weizen bei höherer Arbeitsgeschwindigkeit an. Das zeigt sich besonders an der Bekämpfung der Unkräuter in den Kulturpflanzenreihen. Dieser Effekt beruht zum einen darauf, dass sich Unkräuter bei steigender Geschwindigkeit besser verschütten lassen. Außerdem gelangen die Schare durch die präzise Kamerasteuerung näher an die Kulturpflanzenreihen heran. Zudem lassen sich breitere Schare verwenden, die mehr Fläche bearbeiten.

Die Stufe 2 umfasst Hackroboter, die Unkräuter nicht nur zwischen den Reihen, sondern auch sensorgestützt in der Kulturreihe selbst bekämpfen (InRow). Mit Kameras erkennen sie die Kul­turpflanzen (meist Pflanzgemüse) über vergleichsweise einfache Algorithmen. Diese identifizieren die Pflanzen anhand der Größe der zusammenhängenden grünen Bildpunkte. Erkennt die Kamera eine Kulturpflanze, führt der Roboter die Hack- oder Sichelschare aus der Reihe heraus.

Zu diesen Modellen gehören z. B. K.U.L.T. i-Select, Lemken IC-Weeder und Garford Robocrop InRow Weeder. Einen anderen Ansatz verfolgen Hackroboter, wie der Farmdroid FD20, nehmen bei der Saat über RTK die Positionen der Saatgutablage auf und hacken später mit einem definierten Sicherheitsabstand um diese Positionen herum. Diese Herangehensweise lässt sich auch mit einer Bandspritze oder einer kameragesteuerten Punktspritze kombinieren.

Hackroboter der Stufe 3 verwenden Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) (z. B. Farming Revolution GT oder  Odd.Bot), um Kulturpflanzen und Unkräuter in der Reihe zu unterscheiden. Sie können aber auch Unkräuter erkennen, die eine ähnliche Größe und Form wie die Kulturpflanze haben (z. B. Weißer Gänsefuß in Zuckerrüben oder Hühnerhirse in Mais).

Um das zu ermöglichen, werden die neuronalen Netze aufwendig mit Bildern der jeweiligen Pflanzenarten trainiert. So erreichen sie Erfolgsquoten von über 90 %. 

Wie autonom sind ­Hack­roboter?

Generell lässt sich der Begriff „Unkrautroboter“ unabhängig vom Grad der Automatisierung verwenden. Es ­genügt schon, wenn einzelne Arbeitsschritte autonom gesteuert werden (z. B. Kulturpflanzenerkennung und Steuerung der Schare bei K.U.L.T. i-Select).

Auch solche Hackgeräte können Roboter sein, bei denen der Landwirt den Schlepper noch selbst fahren muss. Einige der inzwischen über 20 kommerziellen Hackroboter arbeiten komplett autonom (z. B. Farmdroid FD20, Naïo Oz, Farming Revolution GT).

Unkräuter in der Reihe erkennen

Die Universität Hohenheim entwickelt aktuell gemeinsam mit der Firma K.U.L.T. einen eigenen Hackroboter (K.U.L.T.-InRow), der die Unkrautarten in Mais und Zuckerrübe in der Reihe unterscheiden kann.

Das soll Problemunkräuter, wie z. B. Nachtschatten, Acker-Kratzdistel, Klettenlabkraut oder Hühnerhirse in der Reihe bekämpfbar machen – sofern sie nicht zu nah an den Kulturpflanzen wachsen. Seltene oder nützliche Unkräuter, wie zum Beispiel Ackerrittersporn oder Echter Frauenspiegel, sind hingegen zu verschonen – genau wie die Kulturpflanzen selbst.

Dieser Hackroboter ist modular aufgebaut, d. h. man kann ihn für beliebig viele Reihen an jede bestehende Hacke anbauen. Es ist sinnvoll, die K.U.L.T.-InRow-Hacke in eine kameragesteuerte Hacke mit hydraulischem Verschieberahmen zu integrieren – und zwar zwischen den Reihen. Dadurch werden die Schare exakt über den Kulturpflanzenreihen ausgerichtet.

Aktuelle Ergebnisse aus Hackversuchen

In den Jahren 2022 und 2023 haben wir Exaktfeldversuche in Zuckerrüben, Sonnenblumen und Mais auf der Versuchsstation Ihinger Hof der Universität Hohenheim durchgeführt. Jede der Versuchsparzellen war 20 m lang und 3 m breit. Die drei Kulturpflanzen wurden einheitlich mit einem Reihenabstand von 50 cm und einer Bestandesdichte von 80.000 bis 120.000 Pflanzen je m2 gesät. In jedem Versuch wurden sechs bis sieben Behandlungen getestet. Hierbei wurde jede Behandlung jeweils viermal wiederholt.

Die sieben getesteten Varianten waren:

  • unbehandelte Kontrolle,

  • betriebsübliche Herbizidapplikation,

  • kameragesteuerte Hacke (K.U.L.T. Vision Control),

  • kameragesteuerte Hacke, erweitert um K.U.L.T. InRow-Einheiten,

  • kameragesteuerte Hacke mit Fingerhacke in der Reihe,

  • kameragesteuerte Hacke mit Striegel (ganzflächig), sowie

  • kameragesteuerte Hacke mit Bandspritze in der Reihe.

Die Versuchsergebnisse

Wie die Übersichten zeigen, konnte die kameragesteuerte Hacke mit InRow-Element sowohl im Mais (Übers. 2) als auch in den Zuckerrüben (Übers. 4) gleich gute Bekämpfungserfolge erzielen wie die flächige Herbizidmaßnahme. Die Kulturpflanzenverluste lagen in beiden Kulturen auf einem zu vernachlässigenden Niveau, was die präzise Pflanzenerkennung des Systems mit KI unterstreicht.

In Zuckerrüben war auch die kameragesteuerte Hacke zwischen den Reihen schon ausreichend. Im Mais schnitten die kameragesteuerte Hacke alleine und mit Striegel deutlich schlechter ab als die anderen Verfahren. Eine Restverunkrautung von circa 30 Unkräutern/m² in Mais ist nach Abschluss aller Bekämpfungsmaßnahmen nicht tolerierbar. Die Erträge waren in allen Behandlungen gleich und unterschieden sich nur von der unbehandelten Kontrolle (siehe Übersicht 3 und 5).

Präzise KI-Verfahren

Insgesamt ist es auch aus technischer Sicht beachtlich und erfreulich, dass Unkrautroboter bereits wenige Jahre nach Einführung von KI-Verfahren zur Pflanzenerkennung in der Landwirtschaft mehr als 90 % der Unkräuter in der Reihe richtig erkennen und bekämpfen können – und das bei weniger als 5 % Kulturpflan­zenverlusten.

Besonders interessant für konventionelle Betriebe ist die Kombination von kameragesteuerter Hacke und Bandspritze über den Kulturpflanzenreihen. Hiermit ließen sich die höchsten Bekämpfungserfolge (95 %) gegen Unkraut erzielen, bei 80 % Herbizideinsparung. Durch die präzise Steuerung der Hackschare zwischen den Reihen lässt sich das Herbizidband auf 10 cm reduzieren.

Erstaunlich war die hohe Unkraut­bekämpfungsrate von durchschnittlich 91 % bei der Kombination mit Fingerhacke. Dieser hohe Wert bei der Unkrautbekämpfung kam mit 0 % Kulturpflanzenverlusten zustande. Allerdings kann die Fingerhacke durchaus Schäden an den Kulturpflanzen verursachen – vor allem dann, wenn sie sich in der Reihe seitlich verschiebt.

Die insgesamt geringen Verluste in den Versuchen führen wir darauf zurück, dass die Hackfinger durch die präzise Reihenerkennung und die hydraulische Querverschiebung des Hackrahmens immer exakt über den Kulturpflanzenreihen geführt wurden.

Die gleichzeitig gute Bekämpfungserfolge mit der Fingerhacke lassen sich dadurch erklären, dass die Unkräuter aus dem oberen Saatbett wegen der Trockenheit zur Aussaat in beiden Versuchsjahren erst später aufliefen. Zum Zeitpunkt des ersten Hackdurchgangs waren sie daher noch im Keimblatt­stadium, während die Kulturpflanzen schon zwei echte Laubblätter gebildet hatten. Gleichzeitig hatte das tiefer abgelegte Saatgut der Kulturpflanzen zur Keimung noch Anschluss an das Bodenwasser. Generell erleichtert ein Wachstumsvorsprung gegenüber dem Unkraut die mechanische Unkrautbekämpfung enorm.

Raps richtig hacken

Im Raps galt die mechanische Unkrautbekämpfung bislang als besonders schwierig. Am Standort Ihinger Hof haben wir in den Jahren 2021 und 2022 Feldversuche im Winterraps durchgeführt (Übersicht 6).

Es zeigte sich, dass sich in einem veränderten Anbausystem – mit verringerter Bestandesdichte (30 Samen/m²) und 50 cm Reihenweite – erfolgreich mit einer kameragesteuerten Hacke zwischen den Reihen hacken ließ.

Deutlich wurde hierbei vor allem, dass der Erfolg besonders vom Reihenabstand des Rapses abhing: So war die Unkrautdichte nach dem Hacken bei engeren Reihenabständen (15 bzw. 25 cm) signifikant höher als nach einer ganzflächigen Herbizidbehandlung.

Bei 50 cm Reihenabstand war die Unkrautbekämpfung hingegen gleich erfolgreich. Zudem waren die Rapspflanzen bei 50 cm Abstand kräftiger, hatten vor dem Winter einen deutlich dickeren Wurzelhals und lieferten außerdem höhere Ölerträge.

Ein Blick in die Zukunft

Die variablen Kosten bei der Unkrautbekämpfung sind heute beim Hacken noch deutlich höher als der Herbizideinsatz. Das liegt einerseits daran, dass die Arbeitsbreite eines Hackroboters häufig geringer ist, als die einer Pflanzenschutzspritze. Darüber hinaus sind sie deutlich langsamer, wenn sie selektiv Unkräuter in der Reihe bekämpfen.

Der K.U.L.T.-InRow-Roboter hatte in Mais, Zuckerrüben und Sonnenblumen zu allen Einsatzterminen eine maximale Arbeitsgeschwindigkeit von 1 km/h. Wird nur zwischen den Kulturpflanzenreihen gehackt, lässt sich die Arbeitsgeschwindigkeit auf ca. 8 km/h erhöhen.

Auch bei anderen Hackrobotern (zum Beispiel Farming Revolution GT) liegt die Arbeitsgeschwindigkeit bei circa 1 km/h. Kombinationen von Hacke und Bandspritze ermöglichen immerhin Fahrgeschwindigkeiten von 4 bis 6 km/h. 

In Mais und Sonnenblumen reicht häufig eine einmalige Herbizidapplikation aus, um den Bestand bis Reihenschluss unkrautfrei zu halten. Hacktechnik erfordert in Zuckerrüben, Sonnenblumen und Mais hingegen zwei bis vier Überfahrten, um das Unkraut ausreichend zu unterdrücken. Auch deshalb ist der Herbizideinsatz häufig günstiger.

Ist Hacken wirtschaftlich?

Wirtschaftlich interessant werden Hackroboter eher, wenn landwirtschaftliche Betriebe keine Herbizide mehr einsetzen können, es nicht mehr wollen oder Sonderkulturen ohne zugelassene Herbizide anbauen. Hier ist Hacktechnik die relativ günstigere Alternative zu den hohen Lohnkosten des Handjätens. So sind in Gemüsekulturen zur Unkrautbekämpfung bis zu 100 Handarbeitsstunden je Hektar nötig.

Neben technischen und ökonomischen Kriterien werden Anbausysteme heute auch nach ihren Treibhausgasemissionen bewertet sowie welche Auswirkungen sie auf die biologische Vielfalt haben.

Hier schneiden Hack- und Spritzroboter besser ab als die ganzflächige Herbizidausbringung mit einer herkömmlichen Pflanzenschutzspritze. Die Elektromotoren eines Unkrautroboters kommen mit geringer Leistung aus und lassen sich mit regenerativen Energiequellen betreiben. Hersteller von Spritzrobotern (z. B. Ecorobotix ARA, Blue River See&Spray, Trimble Weed Seeker) berichten zudem von bis zu 90 % Herbizideinsparung.

Hackroboter der Stufe 3 können Unkräuter unterscheiden und so einzelne Unkrautarten gezielt schützen. Dies trägt zur Steigerung der Artenvielfalt bei. Es müssen aber weitere Maßnahmen in das Anbausystem (z. B. Anbau von Zwischenfruchtmischungen) integriert werden, um die biologische Vielfalt zu erhöhen.

Fazit

Hackroboter sind nun am Markt etabliert. Künftig wird die Technik noch besser in der Pflanzenerkennung, robuster in der Anwendung und auch preisgünstiger. So könnten sie sich in Zukunft zu einer echten Alternative entwickeln.

Ihre Meinung?

Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit mechanischer Unkrautbekämpfung gesammelt? Setzen Sie Hackroboter auf Ihrem Betrieb ein? Melden Sie gerne sich gerne unter dem Stichwort "Hacken" unter johanna.fry@topagrar.com.

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